Im Mappacher Gemeindesaal feierte der Arbeitskreis Erwerbsobstbau Lörrach sein 50-jähriges Bestehen. Den Festvortrag hielten der ehemalige Obstbauinspektor Max Neidhart und der derzeitige Obstbauberater Klaus Nasilowski.

Vor nicht ganz gefüllten Reihen zumeist älterer Obstbauern blickte Neidhart in seiner Betrachtung zur Entwicklung des Obstbaues in der Region bis ins ausgehende 19. Jahrhundert zurück. Erste Anstöße, dass “etwas geschehen müsse”, gab eine “Kommission zur Förderung des Obstbaues im Großherzogtum” 1878. Fünf Jahre später wurde der “Badische Obstbau Landesverein” aus der Taufe gehoben. Es bedurfte jedoch noch etlicher Jahre und zahlloser Anstrengungen, bis 1920 die Bezirksobstbauvereine Lörrach und Schopfheim gegründet wurden, aus denen dann auf Initiative von Max Neidhart am 21. Februar 1964 in Lörrach mit 51 Obstbauern die Erwerbsobstbaugruppe ins Leben gerufen wurde. Im selben Jahr erfolgte der Zusammenschluss der Erwerbsgruppen der Landkreise Emmendingen, Freiburg, Müllheim, Lörrach und Säckingen zur Obstregion Süd.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts beherrschten nahezu geschlossene Obstgürtel um die Dörfer das Bild. Daneben habe es einen mehr oder weniger umfangreichen Streuanbau gegeben, schilderte Neidhart die Situation von vor 100 Jahren. Hauptsächlich ging es damals um Eigenversorgung. Doch mit der Einrichtung des Generalbauplanes Baden-Württemberg (1957 bis 1974) und einer breit angelegten Flurbereinigung änderte sich das Bild. Von landkreisweit 403 473 Bäumen 1938 sank der Bestand infolge Rodung auf 296 809 im Jahre 1965. Gleichzeitig nahm der Intensivanbau eine gegenteilige Entwicklung. Von 1957 nahm die bewirtschaftete Fläche innerhalb von 30 Jahren von 15 Hektar auf 471 Hektar zu. Parallel entwickelte sich die Marktproduktion. Von durchschnittlich 2100 Tonnen pro Jahr in den 50er-Jahren stieg sie auf 7100 Tonnen in den 70er-Jahren an. Das Landschaftsbild veränderte sich: Aus Obstanbauflächen wurden Neubaugebiete. Standen in Weil-Haltingen beispielsweise ehedem 7000 Kirschbäume, sind es heute weniger als 1000. Dafür sei ein Zuwachs an Streuostflächen zu beobachten, sagte Neidhart. Nicht zuletzt durch den Zufluss ausländischer Ware unterlag auch der heimische Markt einem Wandel. Viele Obstsorten blieben so auf der Strecke. Mit der Einrichtung einer Beratungsstelle für Obstbau und Grünordnung habe der Landkreis viel zur Bewältigung der Entwicklung beigetragen.

Seit sieben Jahren ist Klaus Nasilowski Obstbauberater und Geschäftsführer des Arbeitskreises. Mit 124 Mitgliedern ist der Arbeitskreis Teil des Kreisobst- und Gartenbauverbandes mit insgesamt 330 Mitgliedern. Die Anbaufläche beträgt rund 175 Hektar. Seit der Gründung gelang der Wandel vom Selbstversorger hin zum modernen Marktanbau. Maßgeblich hierbei waren unter anderem der Welthandel, das Klima und der immer stärker ins Blickfeld geratene Verbraucherschutz. Zurzeit machen 42 Erzeuger mit Jahresumsätzen von mehr als 50000 Euro etwa 81 Prozent des Gesamtumsatzes der Erzeugergemeinschaft Südbaden aus. Nach Schätzung Nasilowskis sind gerade mal 15 Erzeuger davon im Landkreis Lörrach ansässig. Übernahmen in den 70er- und 1980er-Jahren vornehmlich Obst- und Gemüsehändler die Vermarktung, bestimmten heute Einzelhandelskonzerne das Geschehen. Im Wachsen begriffen ist jedoch wieder die Direktvermarktung auf Wochenmärkten oder Bauernläden.

Nasilowski betonte in seinem Referat den Wert der “Integrierten Produktion”: “Weg vom Spritzplan – hin zur Befallskontrolle”. Dennoch trete etwa jedes zweite Jahr ein neuer Schädling auf. Mitursächlich hierfür sei die Globalisierung des Handels. Diese stelle die Wirtschaft für die nächsten Jahrzehnte vor neue Probleme, die es zu lösen gelte – im Verband, im Arbeitskreis und mit Hilfe kompetenter Beratung.

Ehrungen: Wilfried Bechtel, Werner Brehm, Günter Breunig und Martin Enderlin (25 Jahre Mitglied), Willie Rupp und Walter Schönauer (50 Jahre Mitglied), Werner Hauri (60 Jahre Mitglied), Heinz Meyer (Vorsitzender des Kreisobst- und Gartenbauverbandes, 50 Jahre aktiv), Gerd Dreher (hervorragende Leistung im Obstbau), Max Neidhart (ehemaliger Obstbauinspektor, über 24 Jahre Geschäftsführer des Arbeitskreises und “Kirschenpapst von Deutschland”) sowie Hans Schwald (25 Jahre im Vorstand tätig).

Quelle: Badische Zeitung Häuser verdrängen Bäume (veröffentlicht am Di, 29. April 2014 auf badische-zeitung.de)