Wie hält man es im Markgräflerland mit dem angestrebten Volksbegehren “Rettet die Bienen”? Ein Stimmungsbild aus dem Eggenertal.

Artikel erschienen am 24. August 2019 in der Badischen Zeitung, Redakteur: Jutta Schütz

Mit dem direkten Dialog über das angestrebte Volksbegehren “Rettet die Bienen” zwischen Landwirten und Imkern sowie Naturschützern hapert es vielerorts. Festzustellen ist das auch in der Region. Dabei geben Unterstützer und Kritiker fast jeden Tag neue Positionsmeldungen ab. Ein Stimmungsbild aus dem Eggenertal.
Die Landwirte und Obstanbauer organsieren sich. Derzeit sind im Eggenertal Plakate mit einem blühenden Obstzweig und der Aufschrift “Wir machen Bienenträume wahr – Ihre Obstbauern aus Baden-Württemberg” zu sehen. Wie die Landwirte fürchten auch viele Obstbauern und Winzer, darunter manche, die nach ökologischen Richtlinien wirtschaften, um ihre Existenzgrundlage, sollten die Inhalte des weitgehenden Volksbegehrens Gesetz werden.

Man habe viele Fragen an die Initiatoren und wünscht sich einen Austausch. “Keinem von uns ist daran gelegen, dass das Insektensterben so weitergeht, wir benötigen Bienen für die Bestäubung, und wir verwenden auch biologische Verfahren in der Schädlingsbekämpfung”, so die Obstbauern Gert Willmann aus Niedereggenen und Heinz Meyer aus Dossenbach. Doch lebe man auch von seinen Erzeugnissen. Man brauche im Erwerbsobstbau ein Minimum an effektiven, zugelassenen Mitteln, die man im Notfall zur Schädlingsbekämpfung auch in Schutzgebieten einsetzen könne. “Denn von Maden befallene Kirschen und Zwetschgen kauft niemand, auch nicht die Kunden, die Bioware wollen”, sind sie überzeugt.

Meyer und Willmann beschäftigen sich schon 30 Jahre mit der naturnahen Bewirtschaftung von Flächen. Sie wollen die Landschaft im Eggenertal und auf dem Dünkelberg erhalten. “Wenn hier aber der Einsatz von Spritzmitteln komplett verboten wird, dann werden auch viele Streuobstanlagen vernachlässigt oder gerodet. Das Landschaftsbild wird nicht mehr dasselbe sein”, befürchtet Willmann. Sein Vorwurf geht an die Verantwortlichen in der Politik, die vor allem die staatliche landwirtschaftliche Beratung durch Experten stark zurückgefahren habe. “Vielleicht hätten wir mit öffentlichen Beratern schon Fragen klären können, die sich aus den Forderungen des Volksbegehrens ergeben”, so Willmann.

Und was es noch brauche, wolle man Anlagen langfristig auf eine biologische Bewirtschaftung umstellen, sei Geld – und “zwar vor dem gewünschten Produkt”, findet Meyer. “Wir wünschen uns machbare Vorschläge, die der Umwelt dienen und die aufzeigen, wie wir weiterarbeiten und von unseren Produkten leben können”, ergänzt Willmann. Vorausschauend hat der Kreisobst –und Gartenbauverband Lörrach deshalb bereits in der Planung, am Steinobsttag einen Fachvortrag über Betriebsumstellungen auf BIO den Mitgliedern nahe zu bringen.

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ist einer der Unterstützer des Volksbegehrens. Für die Ortsgruppe Schliengen-Bad Bellingen hat sich Vorsitzende Sigrid Meineke mit dem Text beschäftigt. Sie stimmt mit Landwirten, Obst- und Gemüseerzeugern sowie Winzern überein, dass es ein Riesenfehler war, die landwirtschaftliche Beratung auf ein Minimum einzudampfen. Es müsse zudem deutlich mehr Geld für Landwirte und Eigentümer geben, die im Rahmen von Förderungen etwa Streuobstbestände und artenreiche Wiesen pflegen. Meineke wünscht sich ein Gesamtkonzept für die Förderung schutzwürdiger Flächen und künftig ein Verbot von Pestiziden. Sie verweist zudem darauf, dass der Schweizer Bundesrat vor zwei Jahren einen Aktionsplan zur Risikoreduktion und nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln verabschiedet und die Förderung von Alternativen zum chemischen Pflanzenschutz beschlossen hat.

Die BUND-Vorsitzende findet, dass der Text des Volksbegehrens sorgfältig aufgebaut sei und bereits auf eine mehr als zehn Jahre alte EU-Verordnung zurückgreift, die einen aktiven Artenschutz fordert. “Zehn Jahre gibt es die Vorgaben, passiert ist freiwillig fast nichts. Es muss auch mal ein Pflock eingeschlagen werden. Denn es geht um das gesamte Ökosystem, von dem wir alle leben. Die Vielfalt muss wieder her, und dazu braucht es Gesetze, aber auch Geld”, sagt sie.

Astrid Hellebrand, Vorsitzende des Imkervereins Kandertal, dem auch Imker aus Schliengen und Bad Bellingen angehören, rät ebenfalls dazu, den Text des Volksbegehrens aufmerksam zu lesen. Grundsätzlich hält sie viele der gewünschten Regelungen für sinnvoll, denn von der Natur “leben wir alle, Erzeuger und Verbraucher”. In der Textvorlage seien sicher nicht alle Forderungen ausgereift, aber sehr viele vernünftig. Man könne darüber diskutieren, doch hätten nicht so viele Verbände und Organisationen Unterstützung zugesagt, wenn nicht machbare Forderungen formuliert worden seien.

Text und Unterstützer des Volksbegehrens finden sich unter http://www.volksbegehren-artenschutz.de. Der Landesbauernverband informiert unter http://www.lbv-bw.de/RettetDieBienen

Zur Webseite der Badischen Zeitung: “Auch mal einen Pflock einschlagen” (veröffentlicht am Sa, 24. August 2019 auf badische-zeitung.de)