Obstbauliche Lehrfahrt am 22. Mai 2023

Am 22.Mai fuhren 39 Mitglieder unseres Verbandes mit einem Reisebus an den Bodensee. Bei bestem Wetter besuchten wir drei spannende Betriebe in Süddeutschlands wichtigster Obstregion.

Als erstes ließen wir uns durch die Reichenauer Gärtnersiedlung führen. Der moderne Betrieb bei Singen wurde vor 15 Jahren von 5 Gärtnern der Reichenau gegründet. Eindrucksvoll erlebten wir, wie auf 13 ha Gewächshausfläche regional erzeugtes Fruchtgemüse für den Einzelhandel produziert wird. Mit Hilfe hochspezialisierter Technik und Automatisierung wurden Paprika, Auberginen, Gurken und Tomaten ganzjährig erzeugt. Dank optimierter Klimasteuerung und professionellen Einsatz von Nützlingen können die Reichenauer Gärtner auf chemische Pflanzenschutzmittel völlig verzichten. Die Sammlung von Regenwasser und das Dränwasserreycling reduziert den Wasserbedarf um 70 %. Produziert wird in einem biologisch abbaubaren Kokosfaser-Substrat.

Auch auf dem Obsthof Bernhard in Kressbronn konnten wir einen Hauch Zukunft erleben. Der Familienbetrieb produziert neben Äpfeln, Beerenobst und Hopfen seit Mai 2022 noch etwas ganz anderes: Strom aus Agriphotovoltaik. Dies bedeutet Landwirtschaft und Stromerzeugung auf der gleichen Fläche. Der Obsthof Bernhard hat zu diesem Zweck eine Apfelanlage mit PV-Modulen zu ca 60 % überdacht. Die auf einem etwa 5 Meter hohen Stahlgestell installierten Module sind zu 40 % oder 50 % lichtdurchlässig. In der zum Teil vom Land geförderten Pilotanlage wird untersucht, wie sich die PV-Anlage auf den Apfelanbau auswirkt bezüglich Erträgen, Pflanzengesundheit und Fruchtqualität. Begleitet wird das Projekt vom Fraunhofer Institut für Energietechnik und vom Kompetenzzentrum für Obstbau Bavendorf. Ziel von Betriebsinhaber Hubert Bernhard ist es, einen weiteren Ertrag aus der Obstanlage zu erwirtschaften. Damit dies machbar und wirtschaftlich wird, müssten die Rahmenbedingungen für die Agrifotovoltaik noch erheblich verbessert werden, führte er aus. Vor allem sind vereinfachte Genehmigungsverfahren für den Bau und sichere, langfristige Abnahmeverträge von den Energieversorgern wichtig. Aus obstbaulicher Sicht verlief das erste, sehr sonnige Jahr 2022 erfolgreich. Es konnte unter den Solarmodulen eine gute Ernte erzielt werden. Sie war gegen Hagel und Sonnenbrand geschützt und kam mit deutlich weniger Fungizideinsatz aus, als eine nicht überdachte Anlage.

Drittes Ziel der Reise war die Versuchsstation Schlachters bei Sigmarszell. Der Versuchsbetrieb gehört zur Hochschule Weihenstefan und dient vor allem der Forschung und der universitären Lehre, erläuterte der Leiter Dr. Michael Zoth. Beispielhaft stellte er uns eine Anlage vor, die der Bestimmung, der Erhaltung und der Erforschung von 360 Apfel- und Birnensorten aus der Bodenseeregion diente. Ein Aspekt dieses Projektes ist die Untersuchung der Sorten auf Krankheitsresistenzen und auf Apfelallergene. In einer anderen Versuchsanlage wurde der Wasserbedarf einer Apfelanlage erforscht, um das Wassermanagement zu optimieren. Gleichzeitig wurden die Effekte von Bodenhilfsstoffen und Pflanzenstärkungsmitteln wissenschaftlich erfasst. Die Vesuche zeigten, wie wichtig eine unabhängige und langfristige Versuchs- und Forschungstätigkeit für die Branche ist.

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